Über Identität, innere Führung und die Rückkehr in das eigene Leben
Nähe bleibt, Identität auch.
Irgendwann taucht im Leben vieler Eltern eine Frage auf, die sich nicht auf die Kinder richtet. Sie richtet sich auf das eigene Leben. Auf das, was trägt, wenn das ständige Mitgehen leiser wird. Auf das, was bleibt, wenn Fürsorge, Verantwortung und Begleitung nicht mehr den inneren Mittelpunkt bilden.
Diese Frage lautet nicht: Was braucht mein Kind jetzt?
Sie lautet: Wer bin ich jetzt?
Über viele Jahre war die Antwort klar, auch wenn sie selten ausgesprochen wurde. Du warst Mutter. Du warst Vater. Du warst Halt, Orientierung, Mitträgerin, Mitdenkende, Mitfühlende. Dein innerer Raum war auf Beziehung ausgerichtet, auf Alltag, auf Entscheidungen, auf Verantwortung. Deine Identität lebte stark im Dazwischen. Zwischen dir und den Kindern. Zwischen dir und ihren Wegen.
Und dann beginnt sich diese Ordnung leise zu verschieben.
Sie wandelt sich nicht abrupt und wird auch nicht durch ein einzelnes Ereignis ausgelöst, sondern sie geschieht Schritt für Schritt. Die Kinder gehen weiter in ihr eigenes Leben. Sie treffen Entscheidungen, die du begleitest, ohne sie zu führen. Sie tragen ihre Erfahrungen selbst. Und während das geschieht, kehrt ein Teil deiner Aufmerksamkeit langsam zurück und findet seinen Weg in dein eigenes Leben, behutsam, in einem neuen Tempo, das sich erst nach und nach vertraut anfühlt.
Dieser Moment zeigt sich oft als stilles Innehalten, in dem sich ein innerer Raum öffnet, der zunächst keinen Namen trägt und doch spürbar weit ist. In dieser Weite liegen Freiheit und eine neue Form von Unsicherheit zugleich, weil Identität sich nun nicht länger über Funktion zeigt, sondern über Sein.
Hier beginnt die tiefere Bewegung dieser Lebensphase. Identität formt sich neu, nicht über das, was du für andere leistest, sondern über das, was du in dir selbst wiederfindest, über das, was dich innerlich bewegt, über das, was sich stimmig anfühlt und was lange unter der Oberfläche gewartet hat.
In dieser Phase rückt innere Führung in den Vordergrund. Sie wirkt leiser als früher, weniger zielgerichtet, und zugleich klarer in ihrer Ausrichtung. Sie zeigt sich in feinen Impulsen, in einem verlässlicheren Gespür für Timing, in einer veränderten Beziehung zur eigenen Zeit.
Diese Bewegung spiegelt sich im Alltag wider. Fragen tauchen auf, die lange keinen Raum hatten. Die Beziehung zum eigenen Körper verändert sich. Interessen melden sich, die über Jahre still waren. Und auch die Stille bekommt eine andere Qualität, weil sie nicht mehr leer ist, sondern trägt.
Hier wechselt die innere Schwingung. Die Aufmerksamkeit richtet sich nicht mehr allein nach außen, sondern beginnt, sich nach innen zu wenden, dorthin, wo das eigene Wesen seinen Klang hat und das eigene Leben wieder als eigenständiges Feld erfahrbar wird.
Genau hier liegt das Feld meiner Arbeit. Denn dieser Übergang führt nur selten von selbst in eine klare innere Ordnung. Der Raum, der durch das Loslassen nach außen entstanden ist, sucht eine neue Füllung im Inneren, eine neue Ausrichtung, eine neue Form von Selbstführung.
Identitätsarbeit bedeutet in dieser Phase, den eigenen inneren Raum wieder bewusst zu beziehen, wahrzunehmen, wo die eigene Energie steht, wo sie gebunden ist und wo sie in Bewegung kommen möchte. Es bedeutet, sich selbst wieder als Ursprung von Richtung zu erleben.
Frequenzarbeit bedeutet hier, die eigene innere Ordnung neu auszurichten, weg von der permanenten Ausrichtung auf andere und hin zu einer Präsenz im eigenen Körper, im eigenen Rhythmus, im eigenen inneren Feld. Diese Ordnung entsteht nicht aus Konzepten, sondern aus Erleben.
In dieser Zeit entsteht oft ein stilles Neu-Kennenlernen mit sich selbst, nicht als Rolle, sondern als Mensch, als Wesen mit eigener Tiefe, eigener Bewegung und eigenem Tempo. Daraus wachsen Fragen, die lange keinen Platz hatten, nach dem, was nährt, nach dem, was trägt und nach dem, was durch dieses eigene Leben noch gelebt werden möchte.
Und genau hier verändert sich auch Beziehung erneut. Eltern, die in sich selbst wieder ankommen, begegnen ihren erwachsenen Kindern aus einem anderen inneren Ort heraus, aus Präsenz statt aus Rolle, aus Freiheit statt aus Auftrag, aus Vertrauen statt aus innerer Pflicht.
In manchen Beziehungen zeigt sich dieser Wandel besonders deutlich, dort, wo Nähe über viele Jahre Form gegeben hat. Gerade zwischen Mutter und Sohn wird sichtbar, wie stark innere Felder, Loyalität und frühe Prägung das Erwachsensein begleiten. Über diese besondere Dynamik habe ich in einem eigenen Text geschrieben. → Mutter und Sohn – Wo Männlichkeit ihre erste Form erhält
Diese Serie begann bei der Sorge um erwachsene Kinder. Sie führte durch Wort und Feld, durch alte Aufträge, durch den Körper, durch die große Wendung der Beziehung. Und sie endet hier, bei dir, in deiner eigenen Identität.
Denn am Ende dieser inneren Reise steht keine neue Technik und kein weiterer Auftrag, sondern eine schlichte, kraftvolle Frage, die dein Leben neu ausrichten kann: Wie möchte ich mein Leben jetzt führen, wenn ich es wieder aus mir selbst heraus gestalte?
Diese Frage trägt Richtung und diese Richtung ist dein Feld.
Manche Menschen spüren an genau dieser Stelle, dass diese Richtung nicht nur gedacht, sondern gelebt werden möchte. Dass es nicht bei einer inneren Bewegung bleiben soll, sondern dass etwas im eigenen Wesen sichtbar werden will. Aus genau dieser Bewegung heraus ist ein Raum entstanden, den ich den Wesensraum nenne.
Wenn du dich hier wiederfindest, findest du den Wesensraum dort, wo deine innere Linie Form bekommt.
Ich bin Susanne.
Ich arbeite mit Frauen, die ihren inneren Weg ernst nehmen.
Frauen, die spüren, dass etwas in ihnen wächst.
Wenn es in dir ruft, findest du den Weg.

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